„Für welches Alter ist dein Buch denn geeignet“

Diese Frage ist mir in letzter Zeit in der ein oder anderen Form öfter begegnet – und hat mich jedes Mal wieder ins Grübeln gebracht.

Natürlich, die Zielgruppe besteht aus eher jüngeren Menschen – aber wie jung?

Dem Alter der Protagonisten nach antworte ich normalerweise mit „Um die dreizehn“ und hoffe, dass es wohl ungefähr passt, aber am Überlegen bin ich trotzdem noch.

Direkt im zweiten Kapitel zerlegt ein Erdbeben ein Dorf in Schutt und Asche, es wird beschrieben, wie Personen von Häusertrümmern begraben werden – nicht besonders ausführlich zwar, aber es ist trotzdem da. Ist das zu viel?

Habe ich solche Bücher gelesen, als ich dreizehn war?

Würde ich diese Stelle vor einer Gruppe Kinder vorlesen wollen?

Ich weiß es einfach nicht genau.

In der Zeit, die man benötigt, um ein Buch zu schreiben, verbringt man sehr viel Zeit mit der Geschichte. Sie wächst zu einem Teil des eigenen Lebens heran und es wird immer schwerer, zu beurteilen, wie genau einzelne Stellen auf den Leser wirken könnten, weil jeder Satz an einer für einen selber mittlerweile selbstverständlichen Stelle steht und man die Naturgesetzte in dieser Fantasiewelt mittlerweile genauso mit einem Schulterzucken hinnimmt wie in der realen Welt die Schwerkraft.

Ich erinnere mich noch genau daran vor ein paar Jahren mit ein paar Gleichaltrigen während des Osterfeuers am Grill gestanden zu haben. Es war zwar Frühling, aber bereits später Abend und dank Abwesenheit der Sonne sehr kühl. Einer der Anderen scherzte, er würde gerne seine Hand auf das Grillrost legen, wenigstens wäre es dann warm, und ich antwortete, genauso scherzhaft, „Eine Lichtelfe könnte das.“ – Nur, um mich daran zu erinnern, dass niemand außer mir wusste, was Lichtelfen überhaupt waren und wieso um alles in der Welt ich auf einmal anfing, so einen Stuss zu reden.

Stellt ihr euch einmal vor, ihr wärt diese andere Person gewesen. Ihr hättet um einen warmen Grill herumgestanden, ein wenig gefroren, aber ansonsten eine schöne Zeit gehabt, und dann fängt dieses komische Mädchen, mit dem ihr seit Monaten kein Wort mehr gewechselt habt, an von Elfen zu faseln? Kein Wunder, dass Autoren oft für verrückt gehalten werden.

Für mich ist es unvorstellbar geworden, nicht zu wissen, was in diesem Buch passiert.

„Was soll das heißen, unter Wasser kann man nicht atmen?“, um an dieser Stelle mal meiner Elfe Juna den ungefähren Wortlaut zu stehlen. Genauso beginnt man als Autor irgendwann zu denken.

Vielleicht sollte ich das Zitat noch einmal umformulieren in. „Was soll das heißen, in anderen Büchern kann man unter Wasser nicht atmen?“ Das ist doch schließlich das natürlichste der Welt, auf dem Papier doch eher, oder etwa nicht?

Nein. Ist es nicht. Aber für mich ist es das geworden. Nach über fünf Jahren Arbeitszeit habe ich jede Fähigkeit verloren objektiv auf mein eigenes Werk zu blicken – oder wenn doch, dann ist es sehr schwer.

Wie sieht es mit euch aus? Fangt ihr an, die Raben zu grüßen, weil sie in eurer Märchenadaption in Wirklichkeit eine verwunschene Rockband sind? Oder wundert ihr euch morgens beim Aufstehen, dass selbsterhitzenden Pantoffeln mit eingebautem Internetanschluss, wie sie in eurer Sci-fi Novelle zur Grundausstattung gehören, noch nicht erfunden sind?

Wenn ja, dann lasst es mich wissen! In meiner kleinen Selbsthilfegruppe „Losing touch with reality“ ist noch Platz 😉

 

Eine schöne Woche euch allen noch. Lasst euch nicht von fliegenden Piraten entführen!